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... ich liebe die Stadt Frankfurt, ich liebe den Main, den alten Palmengarten und die neue Zeil. Ich sehe auch unter der ausgefressenen Unternehmermaske immer noch das Trümmergesicht. Ich glaube, man liebt die Städte, in denen man die schlimmen Zeiten erlebt hat, die ja in mancher Beziehung auch die guten waren. (in: Werkstattgespräch mit Horst Bienek, 1961)

Damals ist der Zyklus Rückkehr nach Frankfurt entstanden, vielleicht als typisches Beispiel der sogenannten Trümmerliteratur. Aber es kommt doch noch etwas ganz anderes darin zu Wort: Frankfurt ist da gewissermaßen ein Urwald, eine Urlandschaft, in der erst alles neu beginnen muß und auch neu beginnt. (in: Werkstattgespräch mit Horst Bienek, 1961)

Das Wort der Else Lasker-Schüler "es dichtet in mir" könnte ich merkwürdigerweise gerade auf meine Aussagegedichte anwenden. Der Zyklus Rückkehr nach Frankfurt, in dem unter allen möglichen Aspekten eine zerstörte und verwilderte Stadt erscheint, ist mir, wenn ich mich so ausdrücken darf, "diktiert" worden. Und zwar hintereinander weg und fast ohne Pausen. Meine wenigen leichten, eigentlich inhaltlosen Gedichte habe ich am meisten "gemacht". Ich meine, ich habe mir da am meisten Mühe gegeben, den gleichsam vagierenden Worten einen Platz anzuweisen, an dem sie ganz aus sich heraus zur Geltung kommen und eine magische Bedeutung gewinnen. (in: Werkstattgespräch mit Horst Bienek, 1961)

Ich halte die Geschichte Das dicke Kind für meine stärkste Erzählung, weil sie am kühnsten und grausamsten ist. So grausam zu sein, konnte mir nur gelingen, weil das Objekt dieser Grausamkeit ich selber war. (in: Werkstattgespräch mit Horst Bienek, 1961)

Wahrscheinlich haben Sie recht damit, daß es früher mein Hauptberuf war, verheiratet zu sein. Ich mußte dafür sorgen, daß mein Mann möglichst gut arbeiten konnte und daß er und unser Kind möglichst glücklich waren. Trotz habe ich auch damals immer gearbeitet und meine eigene Gedanken- und Ideenwelt gehabt. Ich glaube, daß mein Mann eher froh darüber war. Eine Frau, die am Diwan sitzt und auf den Mann wartet, hätte ihn verrückt gemacht. (in: Werkstattgespräch mit Horst Bienek, 1961)

Ich habe oft heimlich, im Caféhaus, zwischen den Einkäufen gearbeitet. Ich kann nicht sagen, daß ich jetzt, wo ich, abgesehen von Vorlesereisen, Besuchen und einer großen Korrespondenz, unbegrenzte Muße habe, mehr zustande bringe als damals in der kurzen, gestohlenen Zeit. (in: Werkstattgespräch mit Horst Bienek, 1961)

Ich werde geschont, wahrscheinlich, weil ich alt bin, sogar, wie es zu meinem Ärger gelegentlich heißt, eine grand old lady der Literatur. In den Interviews stellt man mir keine Fragen, die meine politischen Ansichten betreffen, mein Engagement, meine Progressivität. Niemand will wissen, ob ich es mit den Roten Zellen halte oder mit dem Papst... Die Frage, ob ich ein auf der Flucht befindliches Mitglied der Baader-Meinhof-Gruppe in meiner Wohnung versteckt hätte, ist mir nie gestellt worden. Statt dessen soll ich von Rom erzählen... Es versteht sich, dass solche Interviews langweilig ausfallen und dass ich nachgerade selbst den Wunsch habe, Farbe zu bekennnen. Denn ich habe doch allerhand zu sagen, und zwar gerade vom Standpunkt einer siebzigjährigen Bürgerin aus. Zum Beispiel, dass ich mit dem Herzen, wenn der Ausdruck erlaubt ist, auf der Seite der Schwachen und der Unterdrückten stehe... Dass ich aber von Altersjahr zu Altersjahr den Terror und die Gewaltanwendung mehr verabscheue, also eine miserable Revolutionärin bin. Ich gehöre demnach, und das sei einmal ausgesprochen, zu denen, die man vor kurzem als "liberale Scheißer" bezeichnet hat. (in Orte und Menschen)
 

 

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